Seit Juli 2024 müssen Kabel-TV-Kunden ihren Anschluss eigentlich selbst bezahlen – die frühere Umlage über die Nebenkosten ist Geschichte. Trotzdem läuft in vielen Haushalten das Kabel-TV-Signal weiter, ohne dass ein Vertrag abgeschlossen wurde. Sehr zum Ärger der Telekom, die genau diese Nutzer für ihr eigenes Angebot MagentaTV gewinnen möchte.
Höttges geht auf Konfrontation
Telekom-Chef Tim Höttges machte bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz deutlich, dass er Vodafones Vorgehen kritisch sieht. „Die Leistung dieses Dienstes ist nach wie vor verfügbar – auch wenn er offiziell nicht mehr in den Zahlen auftaucht“, so Höttges. Für ihn ist klar: Vodafone verschafft sich damit einen Vorteil im Wettbewerb. Viele Haushalte könnten Kabel-TV quasi gratis nutzen – und würden so leichter in die Tarife von Vodafone hineingezogen.
Besonders ärgerlich für die Telekom: Noch bis Ende März bot Vodafone ein Kombi-Paket aus Internet, Telefonie und TV mit bis zu 1 Gbit/s für unter 45 Euro im Monat an. Mit solch einem Preis-Leistungs-Verhältnis kann MagentaTV derzeit nicht mithalten.
Weniger Neukunden bei der Telekom
Die Auswirkungen zeigen sich bereits in den Zahlen. Während die Telekom im Sommer 2024 noch über 40.000 Breitband-Neukunden pro Quartal gewinnen konnte, sank die Zahl im vierten Quartal drastisch auf nur noch 16.000. Finanzvorstand Christian Illek führte dies direkt auf den starken Wettbewerb durch die Kabelanbieter zurück: „Wir wissen, dass Vodafone den Kabelanschluss weiterlaufen lässt, ohne ihn abzurechnen, um später die Kunden für eigene Angebote zu gewinnen.“
Technische Realität bremst Abschaltungen
Ganz so einfach, wie die Telekom es darstellt, ist es aber nicht. In vielen Häusern verhindern die technischen Gegebenheiten eine saubere Trennung.
- In Sternnetzen kann ein einzelner Haushalt im Keller am Verteiler abgeklemmt werden – allerdings mit hohem Aufwand.
- In Baumnetzen teilen sich mehrere Wohnungen eine Leitung. Sobald ein zahlender Kabelkunde im Haus aktiv ist, profitieren auch alle anderen vom Signal.
Vodafone, Tele Columbus und NetCologne hatten zwar angekündigt, sogenannte „Schwarzseher“ abzuschalten, doch eine flächendeckende Umsetzung ist bis heute kaum erfolgt.
👉 Fazit: Was die Telekom als unfaire Praxis brandmarkt, ist in vielen Fällen schlicht ein technisches Problem. Für Verbraucher bedeutet es: Wer Glück hat, empfängt Kabel-TV weiter kostenlos – doch langfristig zielt Vodafone klar darauf ab, diese Kunden ins eigene Vertragsmodell zu ziehen.
